Bei den Berbern: Schweizerin mit Gewürzgarten

Während einer Reise durch die Sahara verliebte sich Christine Ferrari in Marokko – und wanderte aus. Die Schweizerin begründete 2012 einen Safran- und Kräutergarten südlich von Marrakesch, arbeitete sich in die mündlich tradierte Pflanzenheilkunde der Berber ein und hielt ihre Erfahrungen in zwei Büchern fest.
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Sie bezeichnen Ihren marokkanischen Safran- und Kräutergarten als ein Paradies. Was haben Sie dort angetroffen, als Sie es fanden?

„Als ich 2012 ankam, war hier nichts. Nur trockene Erde und eine kleine Lehmhütte. Heute kultivieren wir Safran auf zwei Hektar, etwa zwei Kilo können wir hier pro Jahr ernten. Dazu gibt es einen botanischen Garten mit 200 unterschiedlichen Pflanzen. Neben Zitrusfrüchten, Papaya, Mango oder Passionsfrucht gedeihen bei uns viele Kräuter und Gewürzpflanzen: Salbei, Rosmarin, Beifuß, Thymian, Wermut, Schwarzkümmel, Duftgeranie oder Heiligenkraut. Außerdem halten wir Hühner, Pfauen, Esel, Schildkröten, es gibt einen Teich mit 200 Kois und natürlich meine vier Hunde, sie sind meine Wächter.“

Nur zur Beruhigung all jener, die keinen grünen Daumen besitzen: Gibt es in dieser ganzen Fülle auch Pflanzen, die in Ihrem Garten nicht gedeihen?

„So sehr ich Kurkuma und Ingwer als Gewürz- und Heilpflanzen schätze, so schlecht wachsen sie in meinem eigenen Garten – bislang. Manche Pflanzen gehen einfach nicht an. Dafür gedeihen andere, mit denen man gar nicht gerechnet hat, etwa ein Strauch mit Rosa Pfefferbeeren.“

Welche Rolle spielen Gewürze und Kräuter in Ihrem Alltag?

„Meine Mitarbeiter und ich essen und trinken täglich Gewürze und Kräuter. Die Berber, eine in Marokko weit verbreitete Volksgruppe, zu der auch meine Mitarbeiter gehören, würzen ihr Brot mit Thymian und Rosmarin, sie trinken Tee aus frischer Minze oder Duftgeranie und sie würzen großzügig ihre Eintöpfe, die sie in der Tajine, der klassisch-orientalischen Tonform, zubereiten. Ingwer, Kreuzkümmel, Pfeffer und Kurkuma sind eigentlich immer dabei. Die Berber wissen: ‚Gesundheit geht durch den Magen‘, während wir Europäer denken: ‚Liebe geht durch den Magen.‘ Die Kochkunst ist wichtiger Teil der orientalischen Pflanzenheilkunde und der Berber-Kultur.“

Die Gewürzexpertin beginnt ihren Tag mit einer Tasse „Goldener Milch“, die sie sich zubereitet: Dazu rührt sie je eine Messerspitze Safranpulver, Kardamom, Ingwer- und Kurkumapulver in etwas Wasser an und lässt die Mischung eine Minute ziehen. Dann gießt sie eine Tasse warmer Milch auf, die sie mit Honig süßt.

Sie haben sich mit den Jahren in die Pflanzenheilkunde und die Kultur der Berber hineingearbeitet. Wie erleben Sie die Menschen?

„Als ein freies, edles Volk. Es sind eher scheue, ehrliche Leute, die selbstständig und vorausschauend arbeiten. In der Heilkunde sind sie experimentierfreudig, sie haben für jedes Zipperlein einen Tee, einen Umschlag oder ein Öl parat. Wer Bauchschmerzen bekommt, der kocht sich einen Tee aus Thymian, Kreuzkümmel und Honig. Wer sich in der Küche in den Finger schneidet, der legt Safran darauf. Die Wunde heilt dann enorm schnell.“

Haben Sie die Gewürzheilkunde erst in Marokko entdeckt oder brachten Sie schon ein paar Kenntnisse mit?

„Ich habe in der Schweiz zwar mit Heilpflanzenextrakten gehandelt, von den Pflanzen selbst wusste ich allerdings wenig. Zudem ist das traditionelle Heilwissen der Berber und des Orients in unserer westlichen Welt wenig bekannt, da die Rezepturen über Jahre hinweg meist nur mündlich weitergetragen wurden, vieles hat Tradition. So tragen Berberfrauen beispielsweise immer ein Säckchen Schwarzkümmel mit sich. Sie reiben es stark auf der Handfläche, das ätherische Öl tritt aus. Der Geruch hilft bei Schnupfen und Kopfschmerzen, er ist so stark, er pustet förmlich den Kopf frei.“

Auch gegen seelische Leiden, depressive Stimmung und Ängste ist ein Kraut gewachsen: Safran. Christine Ferrari rät, zehn Safranfäden zu mörsern und in heißes, nicht kochendes Wasser zu geben. Den Safranshot ein- bis zweimal täglich als Tee trinken. Für unterwegs, gibt die Gewürzexpertin einfach einige Safranfäden in eine Flasche mit kaltem Wasser. Es nimmt nach einiger Zeit Farbe und Geschmack an.

Die letzte Frage muss Ihrem klangvollen Nachnamen, Ferrari, gelten. Gibt es verwandtschaftliche Beziehungen zur Automarke?

„Nein, überhaupt nicht. Ich habe den Namen bei einer Heirat angenommen, er ist in der Schweiz weit verbreitet und ich bin stolz, diesen schönen Namen tragen zu dürfen.“

In ihrem botanischen Garten „Le Paradis du Safran“, der rund 30 Kilometer südlich von Marrakesch liegt, begrüßt Christine Ferrari in guten Jahren bis zu 6.000 Besucher. Ihr Wissen zur Heilkunde der Berber als auch ihre Lebenserfahrungen teilt die gelernte Hotelfachfrau in ihren beiden Büchern: „Die Gewürz- Apotheke“ und „Die Safranfrau“, erschienen im Knaur Verlag.

Bildnachweis: Christine Ferrari, Mohamed Saad, Shutterstock (Alex Bascuas)

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