Exoten aus den oberfränkischen Tropen

Im Frankenwald wachsen subtropische und tropische Gewürze und Früchte. Auch Süßwasserfische, die es gerne kuschelig warm haben, fühlen sich hier wohl. Das kann nicht sein? Doch, im „Klein Eden – Tropenhaus am Rennsteig“ gedeihen auf 3.500 Quadratmetern allerlei Exoten. Sie profitieren von der Abwärme eines benachbarten Glasherstellers. Geschäftsführer Ralf Schmitt im Interview.
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Welche Gewürze kultivieren Sie im Tropenhaus?

„Chili, Zitronengras oder Basilikum, um ein paar Beispiele zu nennen. Besonders gut gedeihen bei uns Ingwer, Galgant und Kurkuma. Für die Rhizom-Gewächse nutzen wir ein Aquaponic-System: Die Pflanzen wachsen in einer Hydrokultur, die mit dem Wasser aus der Fischzucht-Anlage versorgt wird. Es dient gleichzeitig als Dünger.“

Welche Speisefische züchten Sie?

„Nilbuntbarsch und Pacús, beides Süßwasserfische, die es gerne warm haben. Sie sind Allesfresser und verspeisen unsere Fruchtabfälle. In Kürze kommt mit dem Europäischen Wels noch ein einheimischer Vertreter hinzu.“

Das Tropenhaus im oberfränkischen Kleintettau nutzt die Abwärme eines benachbarten Unternehmens. Es produziert Glas und betreibt damit einen energieaufwendigen Herstellungsprozess. In Form von 38 bis 48 Grad heißem Wasser fließt die überflüssige Abwärme ins Gewächshaus. Dort herrschen Temperaturen von 23 bis 32 Grad, je nach Jahreszeit. Das UV-durchlässige Spezialdach des Produktions- und Forschungsgewächshauses nutzt zudem das Sonnenlicht, es werden keinerlei fossile Brennstoffe verbrannt. Aufgefangenes Regenwasser versorgt die Pflanzen und füllt die Fischbecken. Der Pflanzenanbau ist nahezu CO²-neutral, da auch Transportemissionen entfallen. Das abgekühlte Wasser fließt zurück zur Glasfabrik.

Wer kauft Ihre Produkte?

„Gastronomen, vor allem aus der Sterneliga, aber auch Privatleute. Das Tropenhaus ist für Besucher geöffnet, viele kaufen im Anschluss gerne bei uns ein. Letztlich sind die Gewürze und Früchte, die wir ernten, aber nur ‚Abfallprodukte‘.“

Abfallprodukte?

„Unsere eigentliche Aufgabe liegt in der Forschung. Das Tropenhaus dient als Demonstrationsobjekt für industrielle Betriebe in Deutschland, die nicht wissen, was sie mit ihrer Abwärme anfangen können. Wir experimentieren für sie, wir untersuchen, welche Exoten sich in Kombination mit Abwärme sinnvoll kultivieren lassen.“

Was wäre ein aktuelles Experiment?

„Wir fokussieren uns zunehmend auf einzelne Leitkulturen, zum Beispiel auf die Papaya. In unserem besten Jahr konnten wir auf 400 Quadratmetern bereits 1,5 Tonnen ernten. Bislang haben wir die Pflanzen in Erde gesetzt, jetzt testen wir auf 200 weiteren Quadratmetern Topfkulturen. Die Töpfe besitzen ein Volumen von je 90 Litern, sie lassen sich ganz gezielt mit Nährstoffen und Wasser versorgen, vor allem aber sind sie mobil. Das macht sie interessant für Unternehmen, die ihre Abwärme direkt im eigenen Gebäude verwenden möchten: Ertragreiche Papaya-Topfpflanzen, die sich – statisch sinnvoll – auf dem eigenen Flachdach verteilen lassen, bieten ihnen eine Möglichkeit.“

Im Tropenhaus gedeihen neben Papaya auch Sternfrucht, Guave, Maracuja, Jackfrucht und Zitrusfrüchte. Auch recht unbekannte Arten wie Lulo und Calamondin sind dabei. Zusammen tragen sie im Jahr sechs bis acht Tonnen Obst. Geerntet wird das ganze Jahr über und immer erst dann, wenn die Bio-Früchte wirklich reif sind.

Gibt es auch ein aktuelles Gewürz-Experiment?

„Piment! Wir lassen die schwarz-roten Früchte ausreifen, gewöhnlich werden sie ja grün geerntet und dann als Gewürz getrocknet. Frisch schmecken sie wie Heidelbeeren mit einer Spur Piment im Abgang. Das Laub und die Borke eignen sich zudem zum Räuchern, auch so etwas schätzen unsere Sternegastronomen.“

Haben Sie mit einzelnen Kulturen auch schon Schiffbruch erlitten?

„Auf jeden Fall. Wie sind an Ananas und Banane gescheitert. Auch Pfeffer und Vanille gestalten sich im Gewächshaus als schwierig, ebenso macht Kardamom wenig Sinn.“

Von wem bekommen Sie Ihre Forschungsaufträge?

„Beispielsweise vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz, es hat ein Interesse daran, Flächenfraß zu vermeiden und vorhandene Ressourcen wie Abwärme und Regenwasser zu nutzen. Die Idee zum Tropenhaus hatte ursprünglich der Chef des benachbarten Glasherstellers Heinz-Glas. Die Anlage wurde weitgehend mit EU-Fördermitteln gebaut und 2014 eröffnet, sie befindet sich im Besitz einer gemeinnützigen Gesellschaft.“

Ralf Schmitt besitzt eine betriebswirtschaftliche Ausbildung, er ist zudem Gärtnermeister für Zierpflanzenanbau und absolvierte eine Weiterbildung zum Gewürz-Sommelier. Das „Klein Eden – Tropenhaus am Rennsteig“ baute er als Geschäftsführer mit auf.

Bildnachweis: Shutterstock (Breslavtsev Oleg)

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