Fast alle Gewürze gelangen aus entlegenen Winkeln dieser Welt zu uns: Indien, China, Vietnam, Ägypten, Madagaskar, Indonesien, Lateinamerika heißen die Anbauländer, um nur einige Beispiele zu nennen. Zumeist liegen sie – im wahrsten Sinne – fern unserer Qualitätsstandards. Mentalitäten, Kulturen, Lebensphilosophien unterscheiden sich erheblich, was zu handfesten Auswirkungen führt: So trocknet, um ein praktisches Beispiel zu nennen, ein indischer Kleinbauer seine Kurkumaknollen ebenso selbstverständlich auf dem staubigen Dorfplatz wie ein vietnamesischer seinen Pfeffer. Bei beiden ist dies Tradition. Straßenschmutz, alle Arten von Mikroorganismen, Schimmelpilze und ihre Gifte, Rückstände aus Kraftfahrzeugen, Mineralöl oder Teerbelag, die sich allesamt auf den Lebensmitteln ablagern könnten, bereiten beiden keinerlei Sorgen. Wohl aber den Lebensmittelchemikern, die die Ware später auf ihre Inhaltsstoffe hin analysieren und neben den aufgezählten Substanzen auch mit Pestiziden, Dioxinen und anderen Industriechemikalien zu kämpfen haben. Denn die Labore sind die Torwächter des Verbraucherschutzes. Innerhalb immer strengerer EU-Vorgaben ein durchaus anspruchsvolles Unterfangen.
In den Anbauregionen sorgt die stete, persönliche Aufklärung, verbunden mit regelmäßigen Audits, für Verbesserungen. Zu den unbedarften Kleinbauern gesellt sich aber noch ein anderer, schwer erreichbarer Menschenschlag: gut organisierte, in ihren Methoden findige Gewürzfälscher, die das bewusste Untermischen von Fremdpflanzen betreiben. Teure Gewürze werden so gestreckt oder in ihrer Farbe intensiviert. Chili- und Paprika-Partien sind hiervon ebenso betroffen wie wertvolle Safran-Lieferungen. Mögliche Fremdpflanzen lassen sich bei neuesten Analysemethoden über ihre DNA identifizieren, eingebrachte Farbstoffe können chemisch bestimmt werden. So entsteht ein Wettrennen, das Betrüger und Lebensmittelanalytiker eins ums andere Mal eingehen.
Ein alter, aber entscheidender Qualitäts-Mitspieler für Naturprodukte ist und bleibt das Wetter. Zumal dann, wenn die Ware, wie im Gewürz-Falle, aus tropischen Gebieten stammt. Neben den ohnehin von Jahr zu Jahr schwankenden Ernteerträgen führen Naturkatastrophen ebenso wie politische Unruhen zu Lieferengpässen. Mal so eben beheben lassen sie sich nicht, liegt der Teufel doch im geschmacklichen Detail: Saatgut, Klima und Produktionsart unterscheiden sich in den jeweiligen Anbaugebieten stark – und damit der produzierte Geschmack. Ein gutes Beispiel bietet die Zwiebel, die in vielen Gewürzmischungen vorkommt: Ihre Sensorik variiert derart deutlich, dass sich „mit bloßem Munde“ erkennen lässt, ob eine Zwiebel aus Kalifornien oder China stammt. Eine Herausforderung für die hiesigen Veredler, deren Monogewürze und Gewürzmischungen nicht nur rein sein, sondern auch stets gleich schmecken sollen.
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