Er sieht aus wie ein verglaster Kühlschrank, illuminiert von violettem Kunstlicht, eingebaut in die Kochinsel einer nicht ganz billigen Designerküche. Die Rede ist vom Plantcube, ein Indoor-Gewächsschrank, den das Münchner Start-up Agrilution entwickelt hat. In dem „Smart-Home-Gemüsegarten“ wachsen die Pflanzen auf übereinanderliegenden Etagen: Salate, Kräuter, aromastarke Keimlinge von Karotten oder Radieschen. Eine App verrät, wann es an der Zeit ist, zu ernten oder die nächste Saatmatte einzulegen.
Biologisches Vorwissen oder einen grünen Daumen brauchen die In-den-eigenen-vier-Wänden-Gärtner nicht. Die Pflanzenversorgung mit Wasser und Nährstoffen geschieht vollautomatisch. Energiearme LEDs ersetzen das Sonnenlicht und besitzen ein ausgeklügeltes „Lichtrezept“: Je nach Zusammensetzung verändern sich die pflanzlichen Inhaltsstoffe und damit der Geschmack. Das richtige Licht gilt als zentrales Thema des Vertical Farmings und so kooperiert – neben dem Küchen- und Haushaltsgerätehersteller Miele – auch der Leuchtenhersteller Osram bereits mit Agrilution.
Auch neoFarms, ein Start-up aus Hannover, zielt auf ernährungs- und designbewusste Großstädter, wahlweise auch auf stylische Restaurants, die in vollautomatisierten Gewächsschränken eigene Lebensmittel anbauen möchten. Preisgünstig ist diese Form der Selbstversorgung freilich nicht: Knapp 3.000 Euro kostet beispielsweise der Plantcube. In Centbeträgen kalkuliert dagegen das Berliner Unternehmen Infarm. Bis Jahresende will es zwölf Aldi Süd-Filialen mit verglasten, zwei Quadratmeter großen Gewächsschränken bestücken. In jedem von ihnen sollen pro Jahr 8.000 frische Kräuter wachsen: Minze, Basilikum, Koriander, Schnittlauch und andere. 99 Cent kosten sie im Verkauf.
Indoor Farming kann also auch Discounter. Zumal Infarm 300 weitere Aldi-Filialen in Kürze mit erntefrischen Kräutern versorgen will, die nicht im Geschäft, wohl aber in nah gelegenen Growing Centern gedeihen. Dabei benötigt die einzelne Pflanze, so Unternehmensangaben, 99,5 Prozent weniger Platz als in der konventionellen Landwirtschaft, verbraucht 95 Prozent weniger Wasser und verkürzt die Transportwege um 90 Prozent.
Bildnachweis: agrilution, Aldi Süd, Shutterstock (CC7, successo images, Marian Weyo)