Auf den indonesischen Molukken im Pazifischen Ozean liegen die historischen Wurzeln der Muskatnuss. Schon vor der christlichen Zeitrechnung transportierten sie die findigen Kaufleute Arabiens von hier aus bis nach China und später, im frühen Mittelalter, nach Europa. Hier schmückte sich der Adel mit der nach Moschus duftenden Nuss, dem sie als Gewürz und Heilmittel, zumeist aber als Aphrodisiakum und Prestigeobjekt diente.
Wo die „Myristica fragrans“ jedoch wuchs, blieb lange ein wohlgehütetes Geheimnis. Ganz im Sinne all jener Zwischenhändler, die gut an ihr zu verdienen wussten. Erst im Jahre 1512 wendete sich das Blatt: Portugiesische Kapitäne fanden den direkten Seeweg zu den Molukken und errichteten dort ein Handelsmonopol, das einen heute kaum mehr vorstellbaren Wert besaß. Ihr kostbarstes Gut war, neben der Gewürznelke, die Muskatnuss. Natürlich entging dies nicht anderen Seemächten, den Niederlanden, England und Spanien, und es entbrannten blutrünstige Handelskämpfe um die wahrlich ertragreichen Inseln. Sie kamen erst Mitte des 18. Jahrhunderts zur Ruhe, als es erfolgreich gelang, Nelken- und auch Muskatsetzlinge außer Landes zu schmuggeln und andernorts zu kultivieren.
Bis heute ist Indonesien das weltweit größte Anbauland von Muskatnüssen. Für dieses Jahr wird die Ernte dort auf 8.000 Tonnen geschätzt, 2016 lag sie infolge günstiger Witterungsverhältnisse gar bei 10.500 Tonnen. Nur rund 3.500 Tonnen im Jahr liefert dagegen Indien, der zweitgrößte Player im Muskatnussanbau, gefolgt von Sri Lanka mit 1.500 Tonnen. Der weltweite Bedarf ist erheblich, die Muskatnuss gilt als Universalgewürz.
Wie anfällig der Gewürzanbau für wechselndes, zuweilen schweres Wetter ist, davon erzählt die Karibikinsel Grenada: Einst bekannt für ihre vielen Muskatbäume, die bis zu 100 Jahre alt werden, produziert sie aktuell nur noch bescheidene 600 Jahrestonnen. Bis 2004 lag diese Zahl bei 2.500 Tonnen, doch dann machten dem Eiland schwere Hurrikans zu schaffen, die einen Großteil der kostbaren Stämme fällten. Bis ein neu gepflanzter Baum Früchte trägt, braucht es acht Jahre. Eine lange Zeit, in der leicht andere Wirtschaftszweige, etwa der boomende Tourismus, die Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft abziehen. Ein wetterbedingter Struktur- und Landschaftswandel.
Wo auch immer er wächst, der 15 bis 20 Meter große, immergrüne Baum liebt das tropische Klima. Je älter und größer er wird, desto ertragreicher fällt seine Ernte aus: Bis zu 2.000 Muskatnüsse sind – pro Jahr und Baum – keine Seltenheit. Botanisch streng genommen sind sie keine Nüsse, sondern die Samenkerne einer pfirsichartigen Frucht, die in ihrer Heimat zu Konfitüren oder Süßigkeiten verarbeitet wird. Den Kern umhüllt ein scharlachroter Mantel, die Macis oder Mazis. Sie erinnert an eine filigrane Holzschnitzerei, die sich wie ein Relief um die Muskatnuss schmiegt. In ihrem Zweitnamen, Muskatnussblüte, versteckt sich übrigens eine erneut botanisch falsche Bezeichnung, handelt es sich hier doch um den Samenmantel und um keinerlei Blüte.
Während des wochenlangen Trocknens färbt sich die Macis bernsteingelb, jetzt dient auch sie – vom Kern gelöst – als Gewürz. Wie die Nuss besticht sie durch einen balsamischen Duft, beide bestehen zu mehr als zehn Prozent aus ätherischem Öl. Ein wesentlicher Bestandteil ist das giftige Myristicin. Verzehrt in größeren Mengen, gemeinhin spricht man hier von mehr als einer ganzen Nuss, schädigt es die Leber oder kann zu Halluzinationen führen. Frei nach Paracelsus gilt wieder einmal: Die Dosis macht das Gift. Übrigens auch bei Petersilie, Dill oder Pastinake. Auch sie enthalten Myristicin.
Nun aber genug davon, denn die Muskatnuss und ihre „Blüte“ enthalten eine komplexe Vielzahl unterschiedlicher Duft- und Wirkstoffe, die zusammengenommen ein ausgewogenes, aber durchaus nachhaltiges Aroma verantworten. Darin zeigen sich harzige und würzig-warme Noten ebenso wie liebliche und zitronig-florale – je nachdem ob Nuss oder Macis zum Zuge kommen.