Unter allen „Schöpfungsmythen“, die um die Currywurst ranken, ist die um Herta Heuwer die bekannteste: An einem verregneten Septemberabend, 1949, an dem die Kundschaft lieber in ihrem gemütlichen Zuhause blieb als auswärts essen zu gehen, experimentierte die Berlinerin in ihrer Imbissbude herum. Sie mischte – vermutlich aus lauter Langeweile – Currypulver, Tomatenmark und Worcestershire-Soße zusammen und servierte ihre Kreation als Topping zu einer Bratwurst, die sie in Scheiben schnitt. Und da war sie: die erste Currywurst. 2024 feiert sie 75. Jubiläum.
Kaum hatte sie im West-Berliner Charlottenburg das Licht der Welt erblickt, schlug sie bei Hertas Kunden ein wie eine Bombe. Bald schon beschäftigte sie bis zu 19 Verkäuferinnen – und die Currywurst eroberte ganz Deutschland. Zehn Jahre später ließ sich die Erfinderin ihre Rezeptur unter der Marke „Chillup“, ein Fantasie-Wort aus Chili und Ketchup, schützen. Auch wenn Chillup heute kein Mensch mehr kennt, so erinnert doch eine Gedenktafel in der Berliner Kantstraße noch an den Ort, an dem Herta Heuwer einst ihre Imbissbude betrieb. Andere Schöpfungsgeschichten ereigneten sich wahlweise im Ruhrgebiet, der Hochburg der Imbisskultur, oder in Hamburg, wo sich der Schriftsteller Uwe Timm an eine Currywurst erinnern will, die er dort bereits 1947 verspeist habe; also zwei Jahre vor Berlin. Er verarbeitete seine – bislang einzig-artige – Erinnerung 1993 in der Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“. Sie wurde ein Verkaufserfolg und anschließend verfilmt.
Eine dritte These kam 2018 auf den Currywurst-Markt: Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe vermeldete der Bild-Zeitung, dass auf seinem niedersächsischen Schloss Bückeburg ein weit gereister Koch namens Ludwig Dinslage bereits 1946 eine Currywurst zubereitet haben soll. Zu dieser Zeit hatte die britische Rheinarmee Bückeburg besetzt. Das Schloss diente als Sitz der Offiziere, die angemessen zu verköstigen waren. „Der Koch hatte Stunden experimentiert. Er mixte aus 25-Liter-Kanistern Tomatenketchup, Curry und Orangenmarmelade zusammen“, so der Fürst gegenüber der Bild. „Wir haben Dokumente, die belegen, dass es sich so abgespielt haben muss.“ Die Briten jedenfalls sollen begeistert gewesen sein.
Wer mehr über die Currywurst lesen möchte, dem sei ein Buch empfohlen: „Alles Currywurst – oder was? Die ganze Wahrheit über das Kultobjekt“ (Klartext Verlag). Tim Koch und Gregor Lauenburger haben es zum Jubiläumsjahr geschrieben.
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