Im Winter kehren sie mit aller Selbstverständlichkeit zu uns zurück: die Kräutertees und Hustenelixiere, die Ingwershots und Salbeibonbons. Kräuter und Gewürze finden sich von jeher nicht nur in unserer Küche, sondern auch in unserer Hausapotheke. Ob an ihrer traditionell bekundeten Heilkraft etwas dran ist, beantwortet die moderne Ernährungsmedizin.
„Heilpflanzen wie Kurkuma oder Ingwer wirken entzündungshemmend“, erklärt Ernährungsmediziner Prof. Dr. Andreas Michalsen, „nicht so stark wie Ibuprofen oder Cortison, aber sie wirken – und haben gleichzeitig günstige Wirkungen auf das psychische Befinden und den Blutzucker- und Cholesterinspiegel.“ Michalsen, der auch als Sachbuchautor aktiv ist, hat sich intensiv mit Gewürz- und Heilpflanzen auseinandergesetzt. „Die meisten Gewürze und grünen Kräuter haben entzündungshemmende Wirkungen. Fügen Sie Gewürzmischungen aus Kreuzkümmel, Koriander und Muskat auch noch Kurkuma und Ingwer hinzu, diese sind sogar noch wirksamer als die anderen drei“, empfiehlt er etwa in seinem neuesten Werk, den „Die Natur-Docs“ (Insel Verlag), benannt nach der gleichnamigen NDR-Visite-Serie, bei der er mitwirkt. „Auch Bockshornklee und Kardamom sind entzündungshemmend. Und auch Chili ist ein Heilmittel! Nicht jeder mag die Schärfe von Chili, aber immer mehr Studien weisen auf das entzündungshemmende Potenzial und auch auf eine gute Wirkung auf den Stoffwechsel hin.“
Für den Internisten, der als Professor für Klinische Naturheilkunde der Charité Berlin und Chefarzt der Abteilung Innere Medizin und Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin forscht, lehrt und behandelt, gehören Gewürze zum Tagewerk. Eines fällt dabei besonders auf: „Kurkuma ist eine erstaunlich breit wirkende Heilpflanze. Nicht nur hilft sie bei Gelenkschmerzen und Gelenkentzündungen, Studien haben inzwischen auch einen antidepressiven Effekt belegt. Da viele Menschen aufgrund ihrer chronischen Schmerzen auch unter depressiven Verstimmungen leiden, ergibt sich hier eine geeignete Kombination“, führt der Naturkundler aus. „Neuere Studien verweisen zudem auf eine günstige Wirkung von Kurkuma oder dem Hauptinhaltsstoff Curcumin bei Darmentzündungen und Verdauungsproblemen, eine mögliche präventive Wirkung auf Demenz sowie eine günstige Wirkung auf die Blutzuckerregulation bei beginnendem Diabetes Typ 2.“
Zur Selbstbehandlung empfiehlt er, „einen halben bis ganzen Teelöffel Kurkuma (etwa 1,5 bis 3 Gramm) pro Tag am besten mit etwas Öl und Pfeffer einzunehmen.“ Da die Bevölkerung in Südindien etwa drei Gramm Kurkuma pro Tag mit der Nahrung verzehre, ließe sich rückschließen, dass diese Dosis auch dauerhaft verträglich sei. „Wichtig zu wissen ist, dass Kurkuma allein nur zu etwa fünf Prozent über den Magen in das Blut aufgenommen werden kann. Eine deutlich bessere Aufnahme in den Körper erreicht man durch Zugabe von Pfeffer und Fett. Insofern sind Curry-Gewürzmischungen, in denen Pfeffer natürlicherweise enthalten ist, sowie das Zubereiten und Kochen mit Ölen oder Ghee eine geschickte Tradition, um die medizinische Wirkung von Kurkuma zu erhöhen.“
„Auch die Gewürzindustrie weiß um die Wirkungen, die Kräutern und Gewürzen seit jeher zugeschrieben werden. Das Lebensmittelrecht verlangt allerdings, dass werbliche Aussagen mit Gesundheitsbezug von der Europäischen Kommission zugelassen werden müssen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit mit Sitz in Parma hat die Aufgabe, die Wissenschaftlichkeit solcher Aussagen zu überprüfen. Der Behörde liegen zahlreiche Anträge zu Botanicals, unter anderem zu Kurkuma, vor, die sich noch in der Bearbeitung befinden. Das Ergebnis wird mit Spannung erwartet.“
Dr. Markus Weck, Hauptgeschäftsführer des Fachverbands der Gewürzindustrie e.V
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